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Muss genehmigter Urlaub auch dann genommen werden, wenn die Urlaubsplanung für die freien Tage wegen Corona hinfällig ist?

Schon während der Oster- und Sommerferien ließ die Corona-Pandemie viele Urlaubspläne ins Wasser fallen. Zwar wurden die Reisewarnungen für die meisten Länder in der EU pünktlich vor den Sommerferien aufgehoben. Aber ein Urlaub wie in den vorherigen Jahren war dennoch nicht möglich.

Dies führt dazu, dass Arbeitnehmer mit dem Wunsch an den Arbeitgeber herantreten, den bereits genehmigten Urlaub – zumindest teilweise – zurückzunehmen, um ihn sich für später aufzubewahren. Dies entspricht häufig nicht dem Interesse des Arbeitgebers. Abgesehen von seiner Pflicht, den Urlaub im Urlaubsjahr zu gewähren, ist der Beschäftigungsbedarf in den Weihnachtsferien regelmäßig geringer.

Kann ich meinen Urlaub für das nächste Jahr aufsparen?

Der Wunsch mancher Arbeitnehmer, den Urlaub aus diesem Jahr auf das nächste Jahr zu verschieben, ist einseitig ohne Zustimmung des Arbeitsgebers nicht durchsetzbar.

Gemäß § 7 Abs. 3 S. 1 BUrlG muss der Urlaub im laufenden Kalenderjahr gewährt und genommen werden. Nur der Urlaub, der im laufenden Jahr aus dringenden betrieblichen oder persönlichen Gründen wie zum Beispiel Krankheit nicht erteilt werden kann, ist in das Folgejahr zu übertragen. Er ist dann aber auch dann bis zum 31. März des Folgejahres zu gewähren und verfällt andernfalls (§ 7 Abs. 3 S. 2, 3 BUrlG). Kann der Urlaub wegen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses tatsächlich nicht mehr gewährt werden, ist eine Auszahlung von Urlaubsansprüchen nur ausnahmsweise bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses möglich (§ 7 Abs. 4 BUrlG).

Was passiert, wenn ich einfach keinen Urlaub einreiche?

Einfach keinen Urlaub einzureichen ist  keine Lösung. Der Arbeitgeber wird Sie irgendwann auffordern, Urlaub zu nehmen. Womöglich bleibt Ihnen dann nichts anderes übrig, als Ihre freien Tage zeitnah zu nehmen, damit sie nicht verfallen. Viele Arbeitsverträge enthalten nämlich Klauseln, dass Urlaubstage, die über den gesetzlichen Mindesturlaub hinausgehen, zum Jahresende verfallen.

Kann bereits genehmigter Urlaub „zurückgegeben“ werden?

Eine Verlegung des Urlaubszeitraumes kann bei einem bereits vom Arbeitgeber genehmigten Urlaub grundsätzlich nur mit Zustimmung des Arbeitgebers vorgenommen werden. Nur wenn ein Arbeitnehmer während seines Urlaubs erkrankt, ist der Arbeitgeber nach § 9 Bundesurlaubsgesetz (BUrlG) verpflichtet, Urlaubstage zu erstatten. Das gilt jedoch nur für die Tage, für die eine Krankschreibung vorliegt.

Warum ist das so? Der Anspruch des Arbeitnehmers auf Jahresurlaub bedarf der Festlegung durch den Arbeitgeber. Dies geschieht durch die Abgabe einer einseitigen empfangsbedürftigen Willenserklärung des Arbeitgebers (sog. Freistellungserklärung).

Bei der Festlegung des Urlaubszeitraums hat der Arbeitgeber jedoch die Wünsche des Arbeitnehmers zu berücksichtigen, es sei denn, dass ihrer Berücksichtigung dringende betriebliche Erfordernisse oder Urlaubswünsche anderer Arbeitnehmer, die unter sozialen Gesichtspunkten den Vorrang verdienen, entgegenstehen.

In der Praxis bedeutet dies, dass die zeitliche Lage des Urlaubs zwar vom Arbeitgeber bestimmt wird. Der Arbeitgeber darf von dem Urlaubswunsch des Arbeitnehmers aber nur aufgrund der vorgenannten Ausnahmen (betriebliche Belange, Urlaubswünsche anderer Arbeitnehmer) abweichen.

Wurde also ein konkreter Urlaubszeitraum vom Arbeitgeber genehmigt und somit der Urlaub zeitlich festgelegt, hat der Arbeitgeber die ihm obliegende Erfüllungshandlung bewirkt. Eine einseitige Änderung durch den Arbeitnehmer oder den Arbeitgeber ist dann grundsätzlich nicht mehr möglich. Der Arbeitgeber ist nicht verpflichtet, bereits genehmigte freie Tage wieder zurückzunehmen. Ob er dem Beschäftigten entgegenkommt, ist seine Entscheidung.

Der Arbeitgeber hat lediglich in extremen Notfällen einen Anspruch darauf, dass der Arbeitnehmer seine bereits vereinbarten Urlaubspläne abändert.

Was kann ich in dieser Situation tun?

Versuchen Sie am besten, gemeinsam mit Ihrem Arbeitgeber eine Lösung zu finden. Wenn nach einer Corona-Zwangspause derzeit Rückstände aufgeholt werden müssen, ist Ihr Chef womöglich sogar dankbar, wenn Sie Ihren Urlaub verschieben möchten. Oder Sie versuchen, mit einem Kollegen zu tauschen, der Ihre Aufgaben übernehmen kann.

Kann der Arbeitgeber bereits genehmigten Urlaub streichen?

Auch für den Arbeitgeber gilt: Genehmigt ist genehmigt! Wenn Ihr Urlaubsantrag bewilligt wurde, kann der Arbeitgeber Ihnen den Urlaub nicht streichen. Das ist nur möglich, wenn außergewöhnliche Umstände vorliegen. das ist jedoch eine Frage des Einzelfalls.

Allerdings muss der Arbeitgeber dann die Stornierungskosten für eine bereits gebuchte Reise des Arbeitnehmers übernehmen. Auch die Kosten für eine anfallende Kinderbetreuung muss der Arbeitgeber dann tragen.

Was gilt bei Kurzarbeit?

Wenn ein Unternehmen sich in Kurzarbeit befindet, sieht die Sache teilweise etwas anders aus. Dann müssen Sie tatsächlich zunächst angesammelte Überstunden und Resturlaub aus dem Vorjahr nehmen. Das gehört zu den Voraussetzungen für den Bezug von Kurzarbeitergeld. Ansonsten gilt aber auch in Kurzarbeit: Eine einseitige, unbegründete Anordnung von Urlaub durch den Arbeitgeber ist grundsätzlich tabu.

Simone Zervos

Fachanwältin für Arbeitsrecht

Anspruch für alle Arbeitnehmer?

Arbeitgeber haben die Möglichkeit, ihren Mitarbeitern eine Corona-Prämie bis zu einer Höhe von 1.500 Euro steuer- und sozialversicherungsfrei auszuzahlen. Ein Anspruch darauf besteht grundsätzlich nicht. Ausgenommen sind hiervon Beschäftigte, die in der Zeit von 01.03.2020 bis 31.10.2020 mindestens 3 Monate lang in einer zugelassenen Pflegeeinrichtung tätig waren. Für diese gelten Sonderregelungen.

Entschließt sich der Arbeitgeber die Prämie zu zahlen, so muss die Corona-Prämie zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn in der Zeit von 01.03.2020 bis 31.12.2020 aufgrund der Corona Krise geleistet werden. Dabei stellt sich aber die Frage, ob der Arbeitgeber differenzieren kann, einigen Arbeitnehmern eine Prämie zahlen und anderen nicht? Darf der Arbeitgeber auch Unterschiede bei der Höhe der Zahlung machen? Antwort: Es kommt darauf an!

Bei der Zahlung der Corona-Prämie muss der Gleichbehandlungsgrundsatz im Arbeitsrecht beachtet werden. Als allgemeine Regel verbietet der Gleichbehandlungsgrundsatz es dem Arbeitgeber, eine willkürliche, d. h. sachlich unbegründete Durchbrechung allgemeiner oder gruppenbezogener Regelung zum Nachteil einzelner Arbeitnehmer vorzunehmen. Das heißt: Arbeitnehmer, die sich in einer vergleichbaren Lage befinden, müssen auch gleichbehandelt werden. Arbeitgeber, die die Corona-Prämie nicht an alle Arbeitnehmer zahlen oder in unterschiedlicher Höhe leisten wollen, müssen anhand objektiver Kriterien differenzieren. Zum Beispiel der Familienstand. Arbeitnehmer mit Kindern hatten und haben während der Corona-Pandemie mit mehr Schwierigkeiten zu kämpfen als kinderlose Arbeitnehmer.

Ein weiteres Beispiel wäre etwa das erhöhte Arbeitsaufkommen, das nur eine bestimmte Gruppe von Mitarbeitern zu bewältigen hatte ( z. B. Physiotherapeuten auf Hausbesuch). Liegen keine objektiven Kriterien vor, muss der Arbeitgeber grundsätzlich den vergleichbaren Arbeitnehmern auch die gleiche Corona-Prämie zahlen!

Bei der Zahlung hat der Arbeitgeber auch die Regelungen des allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes zu berücksichtigen. Das allgemeine Gleichbehandlungsgesetz verbietet es Mitarbeitern aus Gründen der Rasse oder wegen der Herkunft, des Geschlechts, der Religion, der Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität, unterschiedlich zu behandeln.

Auch darf der Arbeitgeber bei der Zahlung der Corona-Prämie Teilzeitbeschäftigte nicht benachteiligen, d. h. etwa die Zahlung nur an Vollzeitbeschäftigte vornehmen und Teilzeitbeschäftigte unberücksichtigt lassen. Nach § 4 Teilzeitbefristungsgesetz dürfen Teilzeitbeschäftigte gegenüber Vollzeitbeschäftigten nicht diskriminiert werden. Zulässig ist jedoch eine Corona-Prämie anteilsmäßig im Verhältnis Teilzeit- zur Vollzeitbeschäftigung.

Die Corona-Prämie zählt nicht zum sozialversicherungspflichtigen Entgelt. Sie kann also auch an geringfügig Beschäftigte (Minijobber) gezahlt werden.

Zusammenfassung:

Jeder Arbeitnehmer sollte prüfen, ob und ggf. in welcher Höhe er Anspruch auf die Corona-Prämie hat.

Wenn Sie Fragen haben, stehen wir Ihnen als Fachanwälte für Arbeitsrecht jederzeit gerne zur Verfügung.

Mario Züll

Fachanwalt für Arbeitsrecht

Wir befinden uns derzeit in der größten Wirtschaftskrise nach dem Zweiten Weltkrieg. Die Corona-Pandemie wird, glaubt man den Experten, noch erhebliche Auswirkungen auf den deutschen Arbeitsmarkt haben. Viele rechnen mit einer Entlassungswelle nach den Sommerferien. Bislang werden die Kündigungen durch Kurzarbeit – deutschlandweit sind immerhin 10,1 Millionen Menschen in Kurzarbeit – vermieden.

Aufgrund der schwierigen wirtschaftlichen Situation denken immer mehr Arbeitgeber über Entlassungen nach. Wie sehen aber die rechtlichen Voraussetzungen dafür aus? Sind betriebsbedingte Kündigungen so ohne weiteres möglich?

Allgemein gilt: Arbeitgeberseitige Kündigungen müssen stets das letzte Mittel der Wahl sein. Grundsätzlich sind Arbeitgeber gehalten sich zunächst Gedanken über Alternativen zu machen. Solche Alternativen sind die derzeit vom Staat erbrachten umfangreichen Finanzhilfen und natürlich auch die Möglichkeit der Kurzarbeit.

Gleichwohl: Diese Unterstützungen werden vielfach nicht ausreichen um arbeitgeberseitige Kündigungen zu vermeiden.

Unter welchen Voraussetzungen sind solche Kündigungen möglich?

Grundsätzlich werden Arbeitnehmer durch das Kündigungsschutzgesetz (KSchG) geschützt. Ist das Gesetz anwendbar, so kann der Arbeitgeber ein bestehendes Arbeitsverhältnis nur dann ordentlich kündigen, wenn ein Kündigungsgrund vorliegt. Um wirksam kündigen zu können bedarf es eines verhaltensbedingten, personenbedingten oder betriebsbedingten Kündigungsgrundes.

Bei Kündigungen aus wirtschaftlichen Gründen könnte ein betriebsbedingter Kündigungsgrund vorliegen. Eine wirksame betriebsbedingte Kündigung setzt aber voraus, dass dringende betriebliche Erfordernisse vorliegen, die eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers im betroffenen Betrieb dauerhaft unmöglich machen. Ein solches dringendes betriebliches Erfordernis kann etwa ein Auftragsmangel, Umsatzrückgang aber auch eine Umstrukturierung darstellen. Entscheidend ist, dass zum Zeitpunkt der Kündigung der Beschäftigungsbedarf dauerhaft entfällt.

Der Arbeitgeber muss also im Einzelfall konkret darlegen, dass der Arbeitsplatz des Arbeitnehmers dauerhaft weggefallen ist. Dies ist aus Arbeitgebersicht nicht unmöglich, aber sehr schwierig darzustellen.

Zudem muss der Arbeitgeber vor einer betriebsbedingten Kündigung prüfen, ob andere freie Arbeitsplätze im Betrieb vorhanden sind, die die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers ermöglichen können. Sind freie Arbeitsplätze im Betrieb vorhanden und könnte der Arbeitnehmer auf einem solchen Arbeitsplatz weiterbeschäftigt werden, so ist keine wirksame betriebsbedingte Kündigung möglich!

Ferner muss bei einem dauerhaften Wegfall von Arbeitsplätzen ohne eine Weiterbeschäftigungsmöglichkeit der Arbeitgeber grundsätzlich eine Sozialauswahl treffen. Mit einer solchen Sozialauswahl legt der Arbeitgeber fest, nach welchen Kriterien die Mitarbeiter bestimmt werden, die von einer Kündigung betroffen sind. Innerhalb von Vergleichsgruppen werden dafür regelmäßig folgende Kriterien vorgegeben:

Dauer der Betriebszugehörigkeit, Lebensalter, Unterhaltspflichten und Schwerbehinderung. Ist die Sozialauswahl fehlerhaft, führt dies ebenfalls zur Unwirksamkeit der Kündigung.

Darüber hinaus muss der Arbeitgeber in Betrieben, in denen mehr als 20 Mitarbeiter beschäftigt sind bei der Entlassung von Mitarbeitern unter bestimmten Voraussetzungen eine Massenentlassungsanzeige bei der Agentur für Arbeit vornehmen. Ohne eine solche Anzeige ist die Kündigung ebenfalls unwirksam.

Schließlich muss der Arbeitgeber vor Ausspruch der Kündigung den Betriebsrat anhören – sofern ein solcher im Betrieb des Arbeitgebers besteht -, im Falle von Schwerbehinderten ist auch die Schwerbehindertenvertretung zu beteiligen. Vor Ausspruch einer Kündigung gegenüber einem Schwerbehinderten ist darüber hinaus die Zustimmung des Integrationsamtes erforderlich.

Stellt die Kündigung im Übrigen eine Betriebsänderung dar, so muss der Arbeitgeber vor Ausspruch der Kündigungen zunächst mit dem im Betrieb vorhandenen Betriebsrat einen Interessenausgleich durchführen und einen Sozialplan abschließen. Geschieht dies nicht, hat der Arbeitnehmer grundsätzlich Anspruch auf einen Nachteilsausgleich.

Vor dem Ausspruch von Kündigungen, die in naher Zukunft zu erwarten sind, hat der  Arbeitgeber zahlreiche rechtliche Hürden zu beachten. Dabei sollte der Arbeitgeber, wenn er Entlassungen plant, vorher sorgfältig prüfen, wie er solche Kündigungen möglichst wirksam durchsetzen kann

Umgekehrt, der Arbeitnehmer, der eine Kündigung erhält, sollte diese sorgfältig prüfen lassen und insbesondere beachten, dass innerhalb einer Frist von längstens 3 Wochen ab Zugang der Kündigung gegen die Kündigung beim Arbeitsgericht Kündigungsschutzklage erhoben werden muss. Auch wenn eine Sozialplanabfindung aufgrund eines Sozialplanes für den Arbeitnehmer vorgesehen ist, lohnt sich eine Prüfung der arbeitgeberseitigen Kündigung.

Mario Züll Rechtsanwalt und Fachanwalt für Arbeitsrecht

Ihr Recht ist unser Ziel“

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(OLG Köln, Beschluss v. 16.4.2020, 3 U 225/19)

Die Deutsche Post muss für die verspätete Zustellung eines fristgebundenen Schreibens knapp 18.000,00 Euro Schadensersatz zahlen. Damit ist ein Urteil des Bonner Landgerichts nun bestätigt, das einer Postkundin Schadensersatz zugesprochen hatte.

Die Klägerin hatte am Freitag, den 29. September 2017 einen Brief an ihren ehemaligen Arbeitgeber, eine Klinik, zur Post gebracht. In dem machte sie Abgeltungsansprüche in Höhe von etlichen tausend Euro geltend. Grund war ein Urlaub, den sie wegen einer Schwangerschaft und Elternzeit nicht hatte nehmen können.

Die Ansprüche hatten wegen einer Klausel im Arbeitsvertrag bis spätestens Samstag, den 30. September 2017 erhoben werden müssen. Die Frau brachte den Brief daher noch am Freitag zur Post. Dort wählte sie als Zustellung die Versandmethode „Expresszustellung“ mit dem Zusatzservice „Samstagszustellung“ aus. Für diesen besonderen Service zahlte sie am Postschalter ein erhöhtes Porto von knapp 24,00 Euro.

Doch anders als vereinbart, wurde der Brief nicht am Samstag, sondern erst am darauffolgenden Mittwoch zugestellt. Das begründete der Zusteller damit, dass er sich wegen des fehlenden Adresszusatzes „GmbH“ am Samstag nicht sicher gewesen sei, ob er die Sendung so zustellen durfte. Denn die Briefkästen der Empfängerin seien nicht beschriftet gewesen. Bis zu einer Klärung habe er daher auf eine Zustellung verzichtet.

Das kam dem ehemaligen Arbeitgeber der Klägerin offenkundig sehr gelegen. Denn wegen der verspäteten Zustellung des Briefs berief er sich auf Fristversäumnis. Er weigerte sich daher, den Forderungen seiner Ex-Beschäftigten nachzukommen.

Die zog daraufhin gegen die Post vor Gericht. Denn das Unternehmen wollte ihr lediglich die Portokosten erstatten. Für den Ersatz des Schadens in Höhe von 18.000,00 Euro, der durch das Fristversäumnis entstanden war, hielt es sich hingegen nicht zuständig.

Dem wollten sich jedoch das in erster Instanz mit dem Fall befasste Landgericht Bonn sowie das von der Post in Berufung angerufene Kölner Oberlandesgericht nicht anschließen. Beide Gerichte hielten die Forderung für berechtigt.

Nach Ansicht der Richter steht der Klägerin ein Anspruch auf Zahlung von Schadenersatz zu. Denn gemäß § 425 HGB hafte ein Frachtführer für Schäden, die einem Absender durch das Überschreiten der Lieferfrist entstehen.

In dem entschiedenen Fall sei es offensichtlich gewesen, dass es sich um einen besonders wichtigen Brief handelte, der wie vereinbart am nächsten Tag zugestellt werden musste. Das ergebe sich aus der vereinbarten Zusatzleistung „Samstagszustellung“ sowie dem von der Klägerin hohen gezahlten Porto.

Die Beklagte beziehungsweise der für sie tätige Zusteller habe sich auch nicht darauf berufen können, dass in der Briefanschrift der Zusatz „GmbH“ gefehlt habe. Denn der sei auch auf dem Klingelschild des Empfängers nicht vorhanden gewesen.

In dem Gebäude hätten sich auch keine anderen Firmen befunden. An seiner Außenseite sei außerdem nur ein Schriftzug mit dem Namen der Klinik, und zwar ohne den Zusatz „GmbH“, angebracht gewesen.

Dem Zusteller hätte sich daher erschließen müssen, dass die beiden unbeschrifteten Briefkästen zu dem Krankenhaus gehören. Bei Zweifeln wäre er im Übrigen dazu verpflichtet gewesen, an der rund um die Uhr besetzen Pforte nachzufragen.

Autor: Frau Rechtsanwältin Simone Zervos

Welche Vorkehrungen müssen Arbeitgeber treffen?

Arbeitgeber sind verpflichtet, die Arbeitsumgebung so zu gestalten, dass die Gesundheit der Beschäftigten geschützt ist. Hieraus kann sich im Einzelfall die Verpflichtung zur Einrichtung eines Home-Office-Arbeitsplatzes ergeben. Dann müssen die Arbeitsmittel (Laptop etc.) von dem Arbeitgeber zur Verfügung gestellt werden.

Weiterhin sollten Unternehmen Dienstreisen in gefährdete Regionen absagen oder verschieben. Zudem können die Mitarbeiter aufgefordert werden, mitzuteilen, ob sie innerhalb der letzten 14 Tages mit infizierten oder unter Infektionsverdacht stehen Personen Kontakt hatten oder in einem gefährdeten Gebiet waren.

Freistellung auch für gesunde Mitarbeiter?

Nicht erkrankte Arbeitnehmer sind weiterhin verpflichtet, zur Arbeit zu gehen – auch wenn sie befürchten, sich auf dem Weg dorthin oder durch den Kontakt zu anderen Menschen am Arbeitsplatz zu infizieren. Selbst wenn ein Mitarbeiter aus einer Region zurückkehrt, für die das Auswärtige Amt aufgrund von Covid-19 eine Reisewarnung ausgesprochen hat, steht den Mitarbeitern in Deutschland kein rechtlicher Anspruch auf eine Freistellung zu.

Ist der Arbeitgeber berechtigt, eine Urlaubssperre zu verhängen?

Gemäß § 7 Abs. 1 Bundesurlaubsgesetz kann der Arbeitgeber den Urlaub aus dringenden betrieblichen Gründen verweigern. Sind z.B. so viele Mitarbeiter erkrankt, dass die betrieblichen Abläufe nicht mehr gesichert sind, kann eine vorübergehende Urlaubssperre verhängt werden. In Betrieben mit Betriebsrat ist dies mitbestimmungspflichtig.

Darf der Arbeitgeber den Kollegen mitteilen, dass ein Mitarbeiter infiziert ist?

Ja. Der Arbeitgeber muss alle Mitarbeiter über die Infektion informieren, um seiner Fürsorgepflicht zu genügen. Zwar handelt es sich bei solchen Informationen um die Verarbeitung personenbezogener Daten und um Gesundheitsdaten nach der DSGVO, die Weitergabe ist jedoch gemäß Art. 6 Abs. 1 lit. f DSGVO rechtmäßig, da sie dem Schutz der anderen Mitarbeiter dient.

Was ist bei der Beantragung von Kurzarbeitergeld zu beachten?

Unternehmen können bei einem erheblichem Arbeitsausfall Kurzarbeitergeld bei der Agentur für Arbeit beantragen. Ein „erheblicher Arbeitsausfall“ liegt vor, wenn für 1/3 der Arbeitnehmer die Arbeit wegfällt.

In der ersten Aprilhälfte tritt eine neue Gesetzeslage rückwirkend zum 01.03.2020 in Kraft. Dann kann Kurzarbeitergeld bereits dann beantragt werden, wenn für 10% der im Unternehmen tätigen Arbeitnehmer ein Arbeitsausfall zu verzeichnen ist.

Für die Einführung der Kurzarbeit ist es nötig, die Kurzarbeit gegenüber den Mitarbeitern anzukündigen. Der Arbeitgeber zeigt bei der zuständigen Agentur für Arbeit den Arbeitsausfall an. Diese Anzeige wird seitens der Agentur für Arbeit geprüft. Die Arbeitnehmer erhalten für die ausgefallenen Stunden das Kurzarbeitergeld. Die Höhe des Kurzarbeitergeldes richtet sich nach dem pauschalierten Nettoentgeltausfall. Hierbei wird nur zwischen zwei Leistungssätzen unterschieden. Der erhöhte Leistungssatz von 67 Prozent gilt für Arbeitnehmer mit mindestens einem Kind und 60 Prozent für alle übrigen Arbeitnehmer.

Anschließend beantragt der Arbeitgeber die Erstattung des gezahlten Kurzarbeitergeldes. Weiterhin werden ihm die Sozialversicherungsbeiträge für die ausgefallenen Arbeitsstunden in voller Höhe erstattet. Der Antrag auf Kurzarbeitergeld ist innerhalb von drei Monaten zu stellen. Die Dauer für den Bezug von Kurzarbeitergeld ist auf zwölf Monate begrenzt.

Bei allen Fragen rund um das Corona-Virus und dessen arbeitsrechtliche Auswirkungen beraten wir Sie gerne!

Autor: Frau Rechtsanwältin Simone Zervos

Die Ausbreitung des Coronavirus verunsichert zahlreiche Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Wie reagiert der Arbeitgeber, wenn die Kinder zu Hause betreut werden müssen? Wer zahlt das Gehalt, wenn für einen Arbeitnehmer Quarantäne angeordnet wird?

Entscheidet der Arbeitgeber aus eigenen Stücken, sein Unternehmen zu schließen, um eine weitere Ausbreitung des Virus zu verhindern, müssen die Angestellten in voller Höhe weiter vergütet werden. Auch wenn sich Arbeitnehmer und -geber einvernehmlich auf eine Freistellung einigen, muss der Arbeitnehmer weiter entlohnt werden. Denn er wäre ja bereit gewesen, im besagten Zeitraum zu arbeiten.

Wer Angst hat, sich am Arbeitsplatz oder außerhalb der eigenen vier Wände anzustecken, kann als Arbeitnehmer nicht einfach zuhause bleiben. Das gilt nur für Personen, die tatsächlich arbeitsunfähig sind.

Bekommen Mitarbeiter in Quarantäne weiter Gehalt?

Arbeitsunfähige (erkrankte) Arbeitnehmer erhalten von ihrem Arbeitgeber Lohnfortzahlung. Besteht jedoch nur der Verdacht einer Infektion und ordnen die Behörden ein Beschäftigungsverbot oder eine Quarantäne an, haben Arbeitnehmer keinen Anspruch auf Lohnfortzahlung.

Die Arbeitnehmer erhalten stattdessen vom Staat eine Entschädigungszahlung. Die muss der Arbeitgeber zwar auszahlen, bekommt sie aber vom zuständigen Gesundheitsamt erstattet (§ 56 Abs. 1 IfSG). Bei Arbeitnehmern, die im Homeoffice arbeiten können, greift die Entschädigungsleistung nicht.

Für die ersten sechs Wochen wird die Entschädigung in Höhe des Verdienstausfalls gewährt (§ 56 Abs. 2 IfSG). Ab der siebten Woche wird sie in Höhe des Krankengeldes gezahlt. Das Krankengeld beträgt 70 Prozent des Bruttoverdienstes, aber nicht mehr als 90 Prozent des Nettogehalts.

Was ist, wenn das eigene Kind erkrankt ist?

Auch hier gilt dasselbe, wie bei anderen Erkrankungen eines Kindes: Wenn das Kind während der Krankheitsphase der Beaufsichtigung und Betreuung bedarf, muss sich ein Elternteil dies vom Arzt attestieren lassen. In diesem Fall springt die Krankenkasse ein und zahlt dem Arbeitnehmer ein Krankengeld (vgl. § 45 SGB V).

Anspruch auf dieses Krankengeld besteht jährlich für 10 Tage je Kind, bei Alleinerziehenden sind es 20 Tage je Kind. Bei drei und mehr Kindern sind es maximal 25 Tage im Jahr und bei Alleinerziehenden entsprechend 50 Tage. Für die Dauer dieser „Kind-Krankschreibung“ hat der Arbeitnehmer einen Anspruch auf Freistellung gegenüber seinem Arbeitgeber und darf der Arbeit fernbleiben. Der Arbeitgeber schuldet für diese Zeit der Freistellung kein Gehalt.

Kindergarten oder Schule bleiben wegen Infektionsverdacht geschlossen – was nun?

Da das Kind nicht krank ist, greift die „Kind-Krankschreibung“ nicht – somit ist Organisationstalent gefragt. Man kann auf ein optimales Umfeld hoffen, in dem zum Beispiel die Großeltern oder andere Familienmitglieder, vielleicht sogar gute Freunde einspringen können. Wo das nicht geht, wird man sich schnell mit dem Arbeitgeber einigen müssen. Vielleicht hat man Glück und er gewährt nicht nur kurzfristig noch nicht verplante Urlaubstage, sondern rundet auch großzügig auf. Einen Anspruch auf bezahlte Freistellung gibt es in diesen Fall leider nicht.

Simone Zervos – Rechtsanwältin

Telefonische Besprechungstermine

Aufgrund der derzeitigen Situation bieten wir allen Mandanten, die keinen persönlichen Besprechungstermin wahrnehmen möchten, die Möglichkeit, telefonische Besprechungstermine mit uns zu vereinbaren!

Viele Dinge lassen sich kurzfristig telefonisch klären, so dass oftmals eine persönliche Besprechung nicht notwendig ist. Wir beantworten Ihre Fragen zeitnah und kompetent. Nutzen Sie daher gerne die Möglichkeit von telefonischen Besprechungsterminen!

Mit Bestürzung haben viele aus der Presse entnommen, dass allen Mitarbeitern der Eifelhöhlen-Klinik gekündigt werden soll. Dabei stellt sich aus juristischer Sicht die Frage, ob eine solche Kündigung durch den Insolvenzverwalter so ohne weiteres möglich ist.

Grundsätzlich verbleibt es auch im Rahmen der Insolvenz bei dem für die Beendigung eines Arbeitsverhältnisses maßgeblichen Regelungen. Der Insolvenzverwalter muss dabei den allgemeinen Kündigungsschutz nach dem Kündigungsschutzgesetz und, etwa bei Schwerbehinderten, den Sonderkündigungsschutz ebenso berücksichtigen wie alle anderen Voraussetzungen einer rechtswirksamen Kündigung. Die Kündigung muss insbesondere dem Schriftformerfordernis entsprechen und es müssen die Beteiligungsrechte des Betriebsrates berücksichtigt werden. Darüber hinaus hat der Insolvenzverwalter auch bei der Agentur für Arbeit eine Massenentlassungsanzeige vorzunehmen. Die Nichtvornahme einer Massenentlassungsanzeige oder Fehler im Zusammenhang mit der Massenentlassungsanzeige führen schon per se zur Unwirksamkeit der Kündigung. Lediglich in Abweichung von den allgemeinen Regelungen gilt hinsichtlich der Kündigungsfrist eine abgekürzte Kündigungsfrist von maximal drei Monaten zum Ende eines Monats. Erhält ein Arbeitnehmer eine vom Insolvenzverwalter ausgesprochene Kündigung muss er, wenn er diese rechtswirksam angreifen möchte innerhalb von drei Wochen Kündigungsschutzklage beim Arbeitsgericht erheben. Das Arbeitsgericht überprüft dann die Rechtmäßigkeit der Kündigung. Der Insolvenzverwalter muss die Kündigungsgründe im Einzelnen darlegen und ggfs. darlegen, dass eine ordnungsgemäße Sozialauswahl durchgeführt wurde. Das Arbeitsgericht überprüft auch die formelle Wirksamkeit der Kündigung. Ist diese formell fehlerhaft, etwa weil sie nicht unterzeichnet wurde oder ein Nichtberechtigter unterzeichnet hat, führt dies auch schon zur Unwirksamkeit der Kündigung. Im Zusammenhang mit Lohnansprüchen, Urlaubs- und etwaigen Urlaubsabgeltungsansprüchen stellen sich ebenfalls unabhängig von der Kündigung eine Vielzahl relevanter rechtlicher Fragen.

Macht der Insolvenzverwalter geltend, er habe den ernsthaften und endgültigen Entschluss zur Einstellung des Betriebes für eine unbestimmte, wirtschaftlich nicht unerhebliche Zeitspanne gefasst, könnte dies einen Kündigungsgrund darstellen. Ein solcher Kündigungsgrund ist aber dann nicht möglich, wenn etwa mit einem potentiellen Betriebserwerber Verhandlungen, auch für eine spätere Zeit, bezüglich der Übernahme des Unternehmens geführt werden (so etwa LAG Köln, Urteil v. 22.03.2011 – 12 Sa 886/10 -).

Bei den insgesamt im Zusammenhang mit der Beendigung eines Arbeitsverhältnisses in der Insolvenz stehenden komplizierten rechtlichen Fragen, stehe ich Ihnen als erfahrener Fachanwalt für Arbeitsrecht sowie mein gesamtes Kanzleiteam gerne zur Verfügung.

Autor: Rechtsanwalt und Fachanwalt für Arbeitsrecht Mario Züll

Datenschutz – LAG Baden-Württemberg, 06.06.2018 – 21 Sa 48/17.

Für die Zulässigkeit der Verwertung von Zufallsfunden bei der Durchsuchung des Dienst-PC eines Arbeitnehmers ist es nach Ansicht des LAG Baden-Württemberg nicht notwendig, dass der Anlass für die Durchsuchung datenschutzrechtlich zulässig war. Es kommt für die Verwertbarkeit des Zufallsfundes allein darauf an, ob der Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht nicht stärker wiegt als die Funktionsfähigkeit der Rechtspflege. Dies gilt nach der Entscheidung jedenfalls, wenn die Durchsuchung des Dienst-PC dem Arbeitnehmer vorher angekündigt wurde.

BAG, 24.10.2018 – 7 ABR 23/17 Das BAG hat entschieden, dass Betriebsräte auf dem Weg zu Schulungsveranstaltungen das kostengünstigste zumutbare Verkehrsmittel nehmen müssen. Zumutbar sind grundsätzlich auch Fahrgemeinschaften. Weigert sich ein Betriebsrat, an einer Fahrgemeinschaft teilzunehmen, muss er das gegenüber dem Arbeitgeber begründen. Will er keine Gründe angeben, kann er keine (vollständige) Fahrtkostenerstattung beanspruchen.

BAG: Verfallklausel für Mindestlohn ist unwirksam (BAG, Urteil vom 18.09.2018 – 9 AZR 162/18). Das Bundesarbeitsgericht kommt in dem von ihm entschiedenen Fall zu dem Ergebnis, dass eine vom Arbeitgeber vorformulierte arbeitsvertragliche Verfallklausel, die ohne jede Einschränkung alle beiderseitigen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis und damit auch den ab dem 01.01.2015 von § 1 MiLoG garantierten Mindestlohn erfasst, gegen das Transparenzgebot nach § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB verstößt. Eine solche Verfallklausel ist jedenfalls dann insgesamt unwirksam, wenn der Arbeitsvertrag nach dem 31.12.2014 geschlossen wurde. Den Arbeitgebern ist daher dringend zu raten, die Verfallklauseln in den Arbeitsverträgen, jedenfalls solche, die ab dem 01.01.2015 abgeschlossen wurden, zu überprüfen. Arbeitnehmer können sich demgegenüber bei solchen Arbeitsverträgen auf die Unwirksamkeit dieser Verfallklauseln berufen.

Im Urlaubsrecht gilt eine neue Rechtsprechung für Arbeitnehmer. Das Bundesarbeitsgericht hat in einer Entscheidung am 19.02.2019 (BAG – 9 AZR 541/15) entschieden, dass Urlaubsansprüche nicht mehr automatisch verfallen. Zuvor hatte bereits der Europäische Gerichtshof mit Urteil vom 06.11.2018, Az. C-684/16, entschieden, dass Urlaubsansprüche nur dann verfallen, wenn der Arbeitnehmer in der Lage war, seinen bezahlten Jahresurlaub zu nehmen, und der Arbeitgeber den Arbeitnehmer zuvor aufgefordert hat, den Urlaub zu nehmen, und dem Arbeitnehmer mitteilt, dass andernfalls der nicht genommene Urlaub verfällt. Nach der neuen Formel der Richter des Bundesarbeitsgerichts verfällt der Urlaub dann, wenn der Arbeitgeber den Arbeitnehmer zuvor konkret aufgefordert hat, den Urlaub zu nehmen, und ihn klar und rechtzeitig darauf hingewiesen hat, dass der Urlaub andernfalls mit Ablauf des Urlaubsjahres oder Übertragungszeitraums erlischt. Erfolgt dieser Hinweis durch den Arbeitgeber nicht, besteht der Urlaubsanspruch auch über das Urlaubsjahr und den Übertragungszeitraum hinaus. Um sich also in Zukunft auf einen automatischen Verfall von Urlaubsansprüchen berufen zu können, werden die Arbeitgeber in Zukunft nachweisen müssen, dass sie – bestenfalls in Textform – die Arbeitnehmer aufgefordert haben, den noch nicht genommenen Urlaub zu nehmen, und sie gleichzeitig darauf hingewiesen haben, dass andernfalls der Urlaub verfällt.

Keine Kündigung mehr ohne Schwerbehindertenvertretung. Das neue Bundesteilhabegesetz (BTHG) hat zu einer Stärkung der Beteiligungsrechte der Schwerbehindertenvertretung bei Kündigungen geführt. In Betrieben, in denen eine Schwerbehindertenvertretung gebildet ist, muss vor Ausspruch einer Kündigung eine Anhörung des Betriebsrates mit Beteiligung der Schwerbehindertenvertretung im Sinne des § 95 Abs. 2 SGB IX erfolgen. Danach ist der Arbeitgeber verpflichtet, die Schwerbehindertenvertretung in allen Angelegenheiten, die einen einzelnen oder die schwerbehinderten Menschen als Gruppe berühren, unverzüglich und umfassend zu unterrichte und vor der Entscheidung anzuhören. Beachtet der Arbeitgeber dies nicht, ist die Kündigung rechtsunwirksam.

Das Bundesarbeitsgericht zur sogenannten Späh-Software:

Der Arbeitgeber installierte auf dem Dienst-PC eines Arbeitnehmers eine Software, die sämtliche Tastatureingaben protokollierte und regelmäßig Bildschirmfotos (Screenshots) fertigte. Eine Auswertung der Daten ergab, dass der Arbeitnehmer seinen Dienst-PC während der Arbeitszeit privat nutzt. Der Arbeitnehmer räumte dies auch auf Nachfrage des Arbeitgebers ein. Der Arbeitgeber kündigte das Arbeitsverhältnis aus verhaltensbedingten Gründen. Das Bundesarbeitsgericht erklärte die Kündigung für unwirksam. Nach Auffassung des zweiten Senates des Bundesarbeitsgerichtes seien die durch den Arbeitgeber durch einen sogenannten Key-Logger gewonnenen Erkenntnisse über die Privattätigkeit des Arbeitnehmers im gerichtlichen Verfahren nicht verwertbar. Sie verletzten die durch das Persönlichkeitsrecht gewährleistete informationelle Selbstbestimmung des Arbeitnehmers. Ein solcher Informationsgewinn sei nicht nach § 32 BGSG zulässig. Soweit der Arbeitnehmer die Privatnutzung selbst eingeräumt habe, sei die Kündigung ohne vorherige Abmahnung nicht gerechtfertigt.

In Arbeitsverträgen sind Klauseln Gang und Gäbe, nach denen Arbeitnehmer Ansprüche innerhalb bestimmter Fristen geltend machen müssen. Für den gesetzlichen Mindestlohn sind Verfallfristen allerdings verboten. Vereinbarungen, die Mindestlohnansprüche beschränken und ausschließen, sind unwirksam (vgl. LAG Nürnberg, 09.05.2017, AZ. 7 SA 560/16).

Durch Urteil vom 23.08.2017 hat das Bundesarbeitsgericht (AZ. 10 AZR 859/16) entschieden, dass Zulagen für Sonntags-, Feiertags- und Nachtarbeit als Erschwerniszulagen unpfändbar sind. Nach der Auffassung der Erfurter Richter habe der Gesetzgeber im § 6, Abs. 5 Arbeitszeitgesetz die Ausgleichspflicht von Nachtarbeit geregelt, die von ihm als besonders erschwerend bewertet wurde. Sonntage und gesetzliche Feiertage stünden laut Grundgesetz unter besonderem Schutz. § 9, Abs. 1 Arbeitszeitgesetz ordne insoweit an diesen Tagen ein grundsätzliches Beschäftigungsverbot an. Damit gehe der Gesetzgeber auch von einer Erschwernis aus, wenn an diesen Tagen dennoch gearbeitet wird. Diese Einordnung als Erschwerniszulage sorgt dafür, dass für solche Arbeiten gezahlte Zulagen der Pfändung entzogen sind (§ 850a Nr. 3 ZPO).