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Die Corona-Impfungen – wenngleich sehr schleppend – haben begonnen. Der Presse war zu entnehmen, dass schon einige Arbeitgeber ihren Arbeitnehmern gedroht haben kein Gehalt mehr zu zahlen, falls sie sich nicht impfen lassen. So hatte etwa ein bayrischer Zahnarzt seinen Mitarbeitern schriftlich mitgeteilt: „Wer die Impfung nicht möchte, wird ohne Gehalt von der Arbeit freigestellt“.

Geht das rechtlich? Auf der einen Seite steht die Fürsorgepflicht des Arbeitgebers, aus der sich möglicherweise eine Verpflichtung ergibt die Impfung gegenüber Mitarbeitern zwingend anzuordnen. Auf der anderen Seite gibt es aber keine Pflicht für den Bürger, sich impfen zu lassen. Eine vom Arbeitgeber angeordnete Impfung greift in das vom Grundgesetz grundsätzlich geschützte allgemeine Persönlichkeitsrecht und die körperliche Unversehrtheit ein. Es müsste also wie bei jeder arbeitgeberseitigen Anordnung auch die Impfanordnung nach den Grundsätzen billigen Ermessens erfolgen. Unabhängig davon sind auch die sogenannten Grundsätze des Betriebsrisikos zu berücksichtigen. So hat etwa das Arbeitsgericht Dortmund (Urteil 24.11.2020, 5 Ca 2057/20) im Zusammenhang mit einer Quarantäneanordnung des Arbeitgebers entschieden, dass eine solche Anordnung im Einzelfall zwar rechtmäßig sein kann, indes den Arbeitgeber nicht von der Verpflichtung zur Lohnzahlung befreit. Bezogen auf die Impfanordnung kann das bedeuten, dass zumindest gegenüber den gesunden Mitarbeitern eine solche Anweisung zwar möglicherweise rechtmäßig sein kann, die Nichtbefolgung der Anordnung aber nicht dazu führt, dass der Arbeitgeber keine Vergütung zahlen muss. Im Gegenteil. Der Arbeitnehmer hat weiterhin Anspruch auf Vergütung, auch wenn er sich nicht impfen lässt.

Mario Züll, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Arbeitsrecht

Wir befinden uns derzeit in der größten Wirtschaftskrise nach dem Zweiten Weltkrieg. Die Corona-Pandemie wird, glaubt man den Experten, noch erhebliche Auswirkungen auf den deutschen Arbeitsmarkt haben. Viele rechnen mit einer Entlassungswelle nach den Sommerferien. Bislang werden die Kündigungen durch Kurzarbeit – deutschlandweit sind immerhin 10,1 Millionen Menschen in Kurzarbeit – vermieden.

Aufgrund der schwierigen wirtschaftlichen Situation denken immer mehr Arbeitgeber über Entlassungen nach. Wie sehen aber die rechtlichen Voraussetzungen dafür aus? Sind betriebsbedingte Kündigungen so ohne weiteres möglich?

Allgemein gilt: Arbeitgeberseitige Kündigungen müssen stets das letzte Mittel der Wahl sein. Grundsätzlich sind Arbeitgeber gehalten sich zunächst Gedanken über Alternativen zu machen. Solche Alternativen sind die derzeit vom Staat erbrachten umfangreichen Finanzhilfen und natürlich auch die Möglichkeit der Kurzarbeit.

Gleichwohl: Diese Unterstützungen werden vielfach nicht ausreichen um arbeitgeberseitige Kündigungen zu vermeiden.

Unter welchen Voraussetzungen sind solche Kündigungen möglich?

Grundsätzlich werden Arbeitnehmer durch das Kündigungsschutzgesetz (KSchG) geschützt. Ist das Gesetz anwendbar, so kann der Arbeitgeber ein bestehendes Arbeitsverhältnis nur dann ordentlich kündigen, wenn ein Kündigungsgrund vorliegt. Um wirksam kündigen zu können bedarf es eines verhaltensbedingten, personenbedingten oder betriebsbedingten Kündigungsgrundes.

Bei Kündigungen aus wirtschaftlichen Gründen könnte ein betriebsbedingter Kündigungsgrund vorliegen. Eine wirksame betriebsbedingte Kündigung setzt aber voraus, dass dringende betriebliche Erfordernisse vorliegen, die eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers im betroffenen Betrieb dauerhaft unmöglich machen. Ein solches dringendes betriebliches Erfordernis kann etwa ein Auftragsmangel, Umsatzrückgang aber auch eine Umstrukturierung darstellen. Entscheidend ist, dass zum Zeitpunkt der Kündigung der Beschäftigungsbedarf dauerhaft entfällt.

Der Arbeitgeber muss also im Einzelfall konkret darlegen, dass der Arbeitsplatz des Arbeitnehmers dauerhaft weggefallen ist. Dies ist aus Arbeitgebersicht nicht unmöglich, aber sehr schwierig darzustellen.

Zudem muss der Arbeitgeber vor einer betriebsbedingten Kündigung prüfen, ob andere freie Arbeitsplätze im Betrieb vorhanden sind, die die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers ermöglichen können. Sind freie Arbeitsplätze im Betrieb vorhanden und könnte der Arbeitnehmer auf einem solchen Arbeitsplatz weiterbeschäftigt werden, so ist keine wirksame betriebsbedingte Kündigung möglich!

Ferner muss bei einem dauerhaften Wegfall von Arbeitsplätzen ohne eine Weiterbeschäftigungsmöglichkeit der Arbeitgeber grundsätzlich eine Sozialauswahl treffen. Mit einer solchen Sozialauswahl legt der Arbeitgeber fest, nach welchen Kriterien die Mitarbeiter bestimmt werden, die von einer Kündigung betroffen sind. Innerhalb von Vergleichsgruppen werden dafür regelmäßig folgende Kriterien vorgegeben:

Dauer der Betriebszugehörigkeit, Lebensalter, Unterhaltspflichten und Schwerbehinderung. Ist die Sozialauswahl fehlerhaft, führt dies ebenfalls zur Unwirksamkeit der Kündigung.

Darüber hinaus muss der Arbeitgeber in Betrieben, in denen mehr als 20 Mitarbeiter beschäftigt sind bei der Entlassung von Mitarbeitern unter bestimmten Voraussetzungen eine Massenentlassungsanzeige bei der Agentur für Arbeit vornehmen. Ohne eine solche Anzeige ist die Kündigung ebenfalls unwirksam.

Schließlich muss der Arbeitgeber vor Ausspruch der Kündigung den Betriebsrat anhören – sofern ein solcher im Betrieb des Arbeitgebers besteht -, im Falle von Schwerbehinderten ist auch die Schwerbehindertenvertretung zu beteiligen. Vor Ausspruch einer Kündigung gegenüber einem Schwerbehinderten ist darüber hinaus die Zustimmung des Integrationsamtes erforderlich.

Stellt die Kündigung im Übrigen eine Betriebsänderung dar, so muss der Arbeitgeber vor Ausspruch der Kündigungen zunächst mit dem im Betrieb vorhandenen Betriebsrat einen Interessenausgleich durchführen und einen Sozialplan abschließen. Geschieht dies nicht, hat der Arbeitnehmer grundsätzlich Anspruch auf einen Nachteilsausgleich.

Vor dem Ausspruch von Kündigungen, die in naher Zukunft zu erwarten sind, hat der  Arbeitgeber zahlreiche rechtliche Hürden zu beachten. Dabei sollte der Arbeitgeber, wenn er Entlassungen plant, vorher sorgfältig prüfen, wie er solche Kündigungen möglichst wirksam durchsetzen kann

Umgekehrt, der Arbeitnehmer, der eine Kündigung erhält, sollte diese sorgfältig prüfen lassen und insbesondere beachten, dass innerhalb einer Frist von längstens 3 Wochen ab Zugang der Kündigung gegen die Kündigung beim Arbeitsgericht Kündigungsschutzklage erhoben werden muss. Auch wenn eine Sozialplanabfindung aufgrund eines Sozialplanes für den Arbeitnehmer vorgesehen ist, lohnt sich eine Prüfung der arbeitgeberseitigen Kündigung.

Mario Züll Rechtsanwalt und Fachanwalt für Arbeitsrecht

Ihr Recht ist unser Ziel“

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