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Muss genehmigter Urlaub auch dann genommen werden, wenn die Urlaubsplanung für die freien Tage wegen Corona hinfällig ist?

Schon während der Oster- und Sommerferien ließ die Corona-Pandemie viele Urlaubspläne ins Wasser fallen. Zwar wurden die Reisewarnungen für die meisten Länder in der EU pünktlich vor den Sommerferien aufgehoben. Aber ein Urlaub wie in den vorherigen Jahren war dennoch nicht möglich.

Dies führt dazu, dass Arbeitnehmer mit dem Wunsch an den Arbeitgeber herantreten, den bereits genehmigten Urlaub – zumindest teilweise – zurückzunehmen, um ihn sich für später aufzubewahren. Dies entspricht häufig nicht dem Interesse des Arbeitgebers. Abgesehen von seiner Pflicht, den Urlaub im Urlaubsjahr zu gewähren, ist der Beschäftigungsbedarf in den Weihnachtsferien regelmäßig geringer.

Kann ich meinen Urlaub für das nächste Jahr aufsparen?

Der Wunsch mancher Arbeitnehmer, den Urlaub aus diesem Jahr auf das nächste Jahr zu verschieben, ist einseitig ohne Zustimmung des Arbeitsgebers nicht durchsetzbar.

Gemäß § 7 Abs. 3 S. 1 BUrlG muss der Urlaub im laufenden Kalenderjahr gewährt und genommen werden. Nur der Urlaub, der im laufenden Jahr aus dringenden betrieblichen oder persönlichen Gründen wie zum Beispiel Krankheit nicht erteilt werden kann, ist in das Folgejahr zu übertragen. Er ist dann aber auch dann bis zum 31. März des Folgejahres zu gewähren und verfällt andernfalls (§ 7 Abs. 3 S. 2, 3 BUrlG). Kann der Urlaub wegen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses tatsächlich nicht mehr gewährt werden, ist eine Auszahlung von Urlaubsansprüchen nur ausnahmsweise bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses möglich (§ 7 Abs. 4 BUrlG).

Was passiert, wenn ich einfach keinen Urlaub einreiche?

Einfach keinen Urlaub einzureichen ist  keine Lösung. Der Arbeitgeber wird Sie irgendwann auffordern, Urlaub zu nehmen. Womöglich bleibt Ihnen dann nichts anderes übrig, als Ihre freien Tage zeitnah zu nehmen, damit sie nicht verfallen. Viele Arbeitsverträge enthalten nämlich Klauseln, dass Urlaubstage, die über den gesetzlichen Mindesturlaub hinausgehen, zum Jahresende verfallen.

Kann bereits genehmigter Urlaub „zurückgegeben“ werden?

Eine Verlegung des Urlaubszeitraumes kann bei einem bereits vom Arbeitgeber genehmigten Urlaub grundsätzlich nur mit Zustimmung des Arbeitgebers vorgenommen werden. Nur wenn ein Arbeitnehmer während seines Urlaubs erkrankt, ist der Arbeitgeber nach § 9 Bundesurlaubsgesetz (BUrlG) verpflichtet, Urlaubstage zu erstatten. Das gilt jedoch nur für die Tage, für die eine Krankschreibung vorliegt.

Warum ist das so? Der Anspruch des Arbeitnehmers auf Jahresurlaub bedarf der Festlegung durch den Arbeitgeber. Dies geschieht durch die Abgabe einer einseitigen empfangsbedürftigen Willenserklärung des Arbeitgebers (sog. Freistellungserklärung).

Bei der Festlegung des Urlaubszeitraums hat der Arbeitgeber jedoch die Wünsche des Arbeitnehmers zu berücksichtigen, es sei denn, dass ihrer Berücksichtigung dringende betriebliche Erfordernisse oder Urlaubswünsche anderer Arbeitnehmer, die unter sozialen Gesichtspunkten den Vorrang verdienen, entgegenstehen.

In der Praxis bedeutet dies, dass die zeitliche Lage des Urlaubs zwar vom Arbeitgeber bestimmt wird. Der Arbeitgeber darf von dem Urlaubswunsch des Arbeitnehmers aber nur aufgrund der vorgenannten Ausnahmen (betriebliche Belange, Urlaubswünsche anderer Arbeitnehmer) abweichen.

Wurde also ein konkreter Urlaubszeitraum vom Arbeitgeber genehmigt und somit der Urlaub zeitlich festgelegt, hat der Arbeitgeber die ihm obliegende Erfüllungshandlung bewirkt. Eine einseitige Änderung durch den Arbeitnehmer oder den Arbeitgeber ist dann grundsätzlich nicht mehr möglich. Der Arbeitgeber ist nicht verpflichtet, bereits genehmigte freie Tage wieder zurückzunehmen. Ob er dem Beschäftigten entgegenkommt, ist seine Entscheidung.

Der Arbeitgeber hat lediglich in extremen Notfällen einen Anspruch darauf, dass der Arbeitnehmer seine bereits vereinbarten Urlaubspläne abändert.

Was kann ich in dieser Situation tun?

Versuchen Sie am besten, gemeinsam mit Ihrem Arbeitgeber eine Lösung zu finden. Wenn nach einer Corona-Zwangspause derzeit Rückstände aufgeholt werden müssen, ist Ihr Chef womöglich sogar dankbar, wenn Sie Ihren Urlaub verschieben möchten. Oder Sie versuchen, mit einem Kollegen zu tauschen, der Ihre Aufgaben übernehmen kann.

Kann der Arbeitgeber bereits genehmigten Urlaub streichen?

Auch für den Arbeitgeber gilt: Genehmigt ist genehmigt! Wenn Ihr Urlaubsantrag bewilligt wurde, kann der Arbeitgeber Ihnen den Urlaub nicht streichen. Das ist nur möglich, wenn außergewöhnliche Umstände vorliegen. das ist jedoch eine Frage des Einzelfalls.

Allerdings muss der Arbeitgeber dann die Stornierungskosten für eine bereits gebuchte Reise des Arbeitnehmers übernehmen. Auch die Kosten für eine anfallende Kinderbetreuung muss der Arbeitgeber dann tragen.

Was gilt bei Kurzarbeit?

Wenn ein Unternehmen sich in Kurzarbeit befindet, sieht die Sache teilweise etwas anders aus. Dann müssen Sie tatsächlich zunächst angesammelte Überstunden und Resturlaub aus dem Vorjahr nehmen. Das gehört zu den Voraussetzungen für den Bezug von Kurzarbeitergeld. Ansonsten gilt aber auch in Kurzarbeit: Eine einseitige, unbegründete Anordnung von Urlaub durch den Arbeitgeber ist grundsätzlich tabu.

Simone Zervos

Fachanwältin für Arbeitsrecht

Die Ausbreitung des Coronavirus verunsichert zahlreiche Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Wie reagiert der Arbeitgeber, wenn die Kinder zu Hause betreut werden müssen? Wer zahlt das Gehalt, wenn für einen Arbeitnehmer Quarantäne angeordnet wird?

Entscheidet der Arbeitgeber aus eigenen Stücken, sein Unternehmen zu schließen, um eine weitere Ausbreitung des Virus zu verhindern, müssen die Angestellten in voller Höhe weiter vergütet werden. Auch wenn sich Arbeitnehmer und -geber einvernehmlich auf eine Freistellung einigen, muss der Arbeitnehmer weiter entlohnt werden. Denn er wäre ja bereit gewesen, im besagten Zeitraum zu arbeiten.

Wer Angst hat, sich am Arbeitsplatz oder außerhalb der eigenen vier Wände anzustecken, kann als Arbeitnehmer nicht einfach zuhause bleiben. Das gilt nur für Personen, die tatsächlich arbeitsunfähig sind.

Bekommen Mitarbeiter in Quarantäne weiter Gehalt?

Arbeitsunfähige (erkrankte) Arbeitnehmer erhalten von ihrem Arbeitgeber Lohnfortzahlung. Besteht jedoch nur der Verdacht einer Infektion und ordnen die Behörden ein Beschäftigungsverbot oder eine Quarantäne an, haben Arbeitnehmer keinen Anspruch auf Lohnfortzahlung.

Die Arbeitnehmer erhalten stattdessen vom Staat eine Entschädigungszahlung. Die muss der Arbeitgeber zwar auszahlen, bekommt sie aber vom zuständigen Gesundheitsamt erstattet (§ 56 Abs. 1 IfSG). Bei Arbeitnehmern, die im Homeoffice arbeiten können, greift die Entschädigungsleistung nicht.

Für die ersten sechs Wochen wird die Entschädigung in Höhe des Verdienstausfalls gewährt (§ 56 Abs. 2 IfSG). Ab der siebten Woche wird sie in Höhe des Krankengeldes gezahlt. Das Krankengeld beträgt 70 Prozent des Bruttoverdienstes, aber nicht mehr als 90 Prozent des Nettogehalts.

Was ist, wenn das eigene Kind erkrankt ist?

Auch hier gilt dasselbe, wie bei anderen Erkrankungen eines Kindes: Wenn das Kind während der Krankheitsphase der Beaufsichtigung und Betreuung bedarf, muss sich ein Elternteil dies vom Arzt attestieren lassen. In diesem Fall springt die Krankenkasse ein und zahlt dem Arbeitnehmer ein Krankengeld (vgl. § 45 SGB V).

Anspruch auf dieses Krankengeld besteht jährlich für 10 Tage je Kind, bei Alleinerziehenden sind es 20 Tage je Kind. Bei drei und mehr Kindern sind es maximal 25 Tage im Jahr und bei Alleinerziehenden entsprechend 50 Tage. Für die Dauer dieser „Kind-Krankschreibung“ hat der Arbeitnehmer einen Anspruch auf Freistellung gegenüber seinem Arbeitgeber und darf der Arbeit fernbleiben. Der Arbeitgeber schuldet für diese Zeit der Freistellung kein Gehalt.

Kindergarten oder Schule bleiben wegen Infektionsverdacht geschlossen – was nun?

Da das Kind nicht krank ist, greift die „Kind-Krankschreibung“ nicht – somit ist Organisationstalent gefragt. Man kann auf ein optimales Umfeld hoffen, in dem zum Beispiel die Großeltern oder andere Familienmitglieder, vielleicht sogar gute Freunde einspringen können. Wo das nicht geht, wird man sich schnell mit dem Arbeitgeber einigen müssen. Vielleicht hat man Glück und er gewährt nicht nur kurzfristig noch nicht verplante Urlaubstage, sondern rundet auch großzügig auf. Einen Anspruch auf bezahlte Freistellung gibt es in diesen Fall leider nicht.

Simone Zervos – Rechtsanwältin

Telefonische Besprechungstermine

Aufgrund der derzeitigen Situation bieten wir allen Mandanten, die keinen persönlichen Besprechungstermin wahrnehmen möchten, die Möglichkeit, telefonische Besprechungstermine mit uns zu vereinbaren!

Viele Dinge lassen sich kurzfristig telefonisch klären, so dass oftmals eine persönliche Besprechung nicht notwendig ist. Wir beantworten Ihre Fragen zeitnah und kompetent. Nutzen Sie daher gerne die Möglichkeit von telefonischen Besprechungsterminen!

Sind Überstunden Einkommen?

Im Unterhaltsprozess kommt es häufig zu der Frage, ob Überstunden relevantes Einkommen sind. Ein Unterhaltsverpflichteten möchte die Überstunden bei der Einkommensermittlung häufig unberücksichtigt lassen. Der Unterhaltsbedürftige wird dagegen ausführen, dass die Überstunden Teil des Gehaltes und damit von voller Höhe zu berücksichtigen sind.

Zahlungen, die im Hinblick auf das Arbeitsverhältnis gezahlt werden, zählen grundsätzlich zum Einkommen, das im Hinblick auf das Arbeitsverhältnis gezahlt wird. Aus welchem Anlass gezahlt wird ist hierbei gleichgültig. Überstunden sind folglich auch unterhaltsrechtlich relevant. Die Vergütung von Überstunden ist in voller Höhe anzusetzen. Dies gilt dann, wenn sie nur in geringem Umfang anfallen und wenn die Ableistung der Überstunden im fraglichen Ausmaß üblich sind. Der Unterhaltsschuldner trägt die Darlegungs- und Beweislast für diese Einkünfte.

Der BGH nimmt an, dass bei 10 % Mehrarbeit in der Regel kein Einkommen vorliegt und der Unterhaltsberechtigte davon mitprofitiert.

Rechtsanwalt und Fachanwalt für Familien- und Erbrecht, J.-H. Hermans

Februar 2020