Beiträge

Anspruch für alle Arbeitnehmer?

Arbeitgeber haben die Möglichkeit, ihren Mitarbeitern eine Corona-Prämie bis zu einer Höhe von 1.500 Euro steuer- und sozialversicherungsfrei auszuzahlen. Ein Anspruch darauf besteht grundsätzlich nicht. Ausgenommen sind hiervon Beschäftigte, die in der Zeit von 01.03.2020 bis 31.10.2020 mindestens 3 Monate lang in einer zugelassenen Pflegeeinrichtung tätig waren. Für diese gelten Sonderregelungen.

Entschließt sich der Arbeitgeber die Prämie zu zahlen, so muss die Corona-Prämie zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn in der Zeit von 01.03.2020 bis 31.12.2020 aufgrund der Corona Krise geleistet werden. Dabei stellt sich aber die Frage, ob der Arbeitgeber differenzieren kann, einigen Arbeitnehmern eine Prämie zahlen und anderen nicht? Darf der Arbeitgeber auch Unterschiede bei der Höhe der Zahlung machen? Antwort: Es kommt darauf an!

Bei der Zahlung der Corona-Prämie muss der Gleichbehandlungsgrundsatz im Arbeitsrecht beachtet werden. Als allgemeine Regel verbietet der Gleichbehandlungsgrundsatz es dem Arbeitgeber, eine willkürliche, d. h. sachlich unbegründete Durchbrechung allgemeiner oder gruppenbezogener Regelung zum Nachteil einzelner Arbeitnehmer vorzunehmen. Das heißt: Arbeitnehmer, die sich in einer vergleichbaren Lage befinden, müssen auch gleichbehandelt werden. Arbeitgeber, die die Corona-Prämie nicht an alle Arbeitnehmer zahlen oder in unterschiedlicher Höhe leisten wollen, müssen anhand objektiver Kriterien differenzieren. Zum Beispiel der Familienstand. Arbeitnehmer mit Kindern hatten und haben während der Corona-Pandemie mit mehr Schwierigkeiten zu kämpfen als kinderlose Arbeitnehmer.

Ein weiteres Beispiel wäre etwa das erhöhte Arbeitsaufkommen, das nur eine bestimmte Gruppe von Mitarbeitern zu bewältigen hatte ( z. B. Physiotherapeuten auf Hausbesuch). Liegen keine objektiven Kriterien vor, muss der Arbeitgeber grundsätzlich den vergleichbaren Arbeitnehmern auch die gleiche Corona-Prämie zahlen!

Bei der Zahlung hat der Arbeitgeber auch die Regelungen des allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes zu berücksichtigen. Das allgemeine Gleichbehandlungsgesetz verbietet es Mitarbeitern aus Gründen der Rasse oder wegen der Herkunft, des Geschlechts, der Religion, der Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität, unterschiedlich zu behandeln.

Auch darf der Arbeitgeber bei der Zahlung der Corona-Prämie Teilzeitbeschäftigte nicht benachteiligen, d. h. etwa die Zahlung nur an Vollzeitbeschäftigte vornehmen und Teilzeitbeschäftigte unberücksichtigt lassen. Nach § 4 Teilzeitbefristungsgesetz dürfen Teilzeitbeschäftigte gegenüber Vollzeitbeschäftigten nicht diskriminiert werden. Zulässig ist jedoch eine Corona-Prämie anteilsmäßig im Verhältnis Teilzeit- zur Vollzeitbeschäftigung.

Die Corona-Prämie zählt nicht zum sozialversicherungspflichtigen Entgelt. Sie kann also auch an geringfügig Beschäftigte (Minijobber) gezahlt werden.

Zusammenfassung:

Jeder Arbeitnehmer sollte prüfen, ob und ggf. in welcher Höhe er Anspruch auf die Corona-Prämie hat.

Wenn Sie Fragen haben, stehen wir Ihnen als Fachanwälte für Arbeitsrecht jederzeit gerne zur Verfügung.

Mario Züll

Fachanwalt für Arbeitsrecht

Wir befinden uns derzeit in der größten Wirtschaftskrise nach dem Zweiten Weltkrieg. Die Corona-Pandemie wird, glaubt man den Experten, noch erhebliche Auswirkungen auf den deutschen Arbeitsmarkt haben. Viele rechnen mit einer Entlassungswelle nach den Sommerferien. Bislang werden die Kündigungen durch Kurzarbeit – deutschlandweit sind immerhin 10,1 Millionen Menschen in Kurzarbeit – vermieden.

Aufgrund der schwierigen wirtschaftlichen Situation denken immer mehr Arbeitgeber über Entlassungen nach. Wie sehen aber die rechtlichen Voraussetzungen dafür aus? Sind betriebsbedingte Kündigungen so ohne weiteres möglich?

Allgemein gilt: Arbeitgeberseitige Kündigungen müssen stets das letzte Mittel der Wahl sein. Grundsätzlich sind Arbeitgeber gehalten sich zunächst Gedanken über Alternativen zu machen. Solche Alternativen sind die derzeit vom Staat erbrachten umfangreichen Finanzhilfen und natürlich auch die Möglichkeit der Kurzarbeit.

Gleichwohl: Diese Unterstützungen werden vielfach nicht ausreichen um arbeitgeberseitige Kündigungen zu vermeiden.

Unter welchen Voraussetzungen sind solche Kündigungen möglich?

Grundsätzlich werden Arbeitnehmer durch das Kündigungsschutzgesetz (KSchG) geschützt. Ist das Gesetz anwendbar, so kann der Arbeitgeber ein bestehendes Arbeitsverhältnis nur dann ordentlich kündigen, wenn ein Kündigungsgrund vorliegt. Um wirksam kündigen zu können bedarf es eines verhaltensbedingten, personenbedingten oder betriebsbedingten Kündigungsgrundes.

Bei Kündigungen aus wirtschaftlichen Gründen könnte ein betriebsbedingter Kündigungsgrund vorliegen. Eine wirksame betriebsbedingte Kündigung setzt aber voraus, dass dringende betriebliche Erfordernisse vorliegen, die eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers im betroffenen Betrieb dauerhaft unmöglich machen. Ein solches dringendes betriebliches Erfordernis kann etwa ein Auftragsmangel, Umsatzrückgang aber auch eine Umstrukturierung darstellen. Entscheidend ist, dass zum Zeitpunkt der Kündigung der Beschäftigungsbedarf dauerhaft entfällt.

Der Arbeitgeber muss also im Einzelfall konkret darlegen, dass der Arbeitsplatz des Arbeitnehmers dauerhaft weggefallen ist. Dies ist aus Arbeitgebersicht nicht unmöglich, aber sehr schwierig darzustellen.

Zudem muss der Arbeitgeber vor einer betriebsbedingten Kündigung prüfen, ob andere freie Arbeitsplätze im Betrieb vorhanden sind, die die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers ermöglichen können. Sind freie Arbeitsplätze im Betrieb vorhanden und könnte der Arbeitnehmer auf einem solchen Arbeitsplatz weiterbeschäftigt werden, so ist keine wirksame betriebsbedingte Kündigung möglich!

Ferner muss bei einem dauerhaften Wegfall von Arbeitsplätzen ohne eine Weiterbeschäftigungsmöglichkeit der Arbeitgeber grundsätzlich eine Sozialauswahl treffen. Mit einer solchen Sozialauswahl legt der Arbeitgeber fest, nach welchen Kriterien die Mitarbeiter bestimmt werden, die von einer Kündigung betroffen sind. Innerhalb von Vergleichsgruppen werden dafür regelmäßig folgende Kriterien vorgegeben:

Dauer der Betriebszugehörigkeit, Lebensalter, Unterhaltspflichten und Schwerbehinderung. Ist die Sozialauswahl fehlerhaft, führt dies ebenfalls zur Unwirksamkeit der Kündigung.

Darüber hinaus muss der Arbeitgeber in Betrieben, in denen mehr als 20 Mitarbeiter beschäftigt sind bei der Entlassung von Mitarbeitern unter bestimmten Voraussetzungen eine Massenentlassungsanzeige bei der Agentur für Arbeit vornehmen. Ohne eine solche Anzeige ist die Kündigung ebenfalls unwirksam.

Schließlich muss der Arbeitgeber vor Ausspruch der Kündigung den Betriebsrat anhören – sofern ein solcher im Betrieb des Arbeitgebers besteht -, im Falle von Schwerbehinderten ist auch die Schwerbehindertenvertretung zu beteiligen. Vor Ausspruch einer Kündigung gegenüber einem Schwerbehinderten ist darüber hinaus die Zustimmung des Integrationsamtes erforderlich.

Stellt die Kündigung im Übrigen eine Betriebsänderung dar, so muss der Arbeitgeber vor Ausspruch der Kündigungen zunächst mit dem im Betrieb vorhandenen Betriebsrat einen Interessenausgleich durchführen und einen Sozialplan abschließen. Geschieht dies nicht, hat der Arbeitnehmer grundsätzlich Anspruch auf einen Nachteilsausgleich.

Vor dem Ausspruch von Kündigungen, die in naher Zukunft zu erwarten sind, hat der  Arbeitgeber zahlreiche rechtliche Hürden zu beachten. Dabei sollte der Arbeitgeber, wenn er Entlassungen plant, vorher sorgfältig prüfen, wie er solche Kündigungen möglichst wirksam durchsetzen kann

Umgekehrt, der Arbeitnehmer, der eine Kündigung erhält, sollte diese sorgfältig prüfen lassen und insbesondere beachten, dass innerhalb einer Frist von längstens 3 Wochen ab Zugang der Kündigung gegen die Kündigung beim Arbeitsgericht Kündigungsschutzklage erhoben werden muss. Auch wenn eine Sozialplanabfindung aufgrund eines Sozialplanes für den Arbeitnehmer vorgesehen ist, lohnt sich eine Prüfung der arbeitgeberseitigen Kündigung.

Mario Züll Rechtsanwalt und Fachanwalt für Arbeitsrecht

Ihr Recht ist unser Ziel“

#Sozialplan #Betriebsrat #Kündigung #betriebsbedingt #betriebsbedingteKündigung #Arbeitgeber #Arbeitnehmer #Arbeitsrecht #ZHS #FachanwaltfürArbeitsrecht #MarioZüll #KSchG